Wie man einer Frage ausweicht, in dem man dementiert, was niemand behauptete – und ersatzweise ein bisschen diffamiert
Diese Dokumentation bezieht sich auf ein Ereignis vom 22. September 2022, auf der Diskussionsveranstaltung „Kunst & Kontext – Von der Mbembe-Debatte bis zur documenta fifteen“ – eine von mehreren Veranstaltungen der Tagung „Antisemitismus im Kulturbetrieb – Zum Antisemitismusskandal auf der documenta fifteen“. Veranstalter war unter anderem die Bildungsstätte Anne Frank, die von Prof. Meron Mendel geleitet wird.
Die Veröffentlichung nach so langer Zeit hat einen Hauptgrund. Ich hatte beim Bistum Limburg ein Beschwerdeverfahren veranlasst gegen Prof. Joachim Valentin, unter anderem Direktor der katholischen Akademie Rabanus Maurus, Haus am Dom Frankfurt. Dieses Verfahren zog sich über ein Jahr hin (Oktober 2022 bis Januar 2024) und wird an anderer Stelle dokumentiert. Prof. Valentin hatte mir „antisemitische Agitation“ vorgeworfen, dies aber trotz Aufforderung nicht begründet. Der Leiter dieses Verfahrens, Generalvikar Dr. Pax, bezieht sich zum Beleg meiner „antisemitischen Agitation“ auf die Stellungnahme Valentins im Beschwerdeverfahren. In dieser wird meine Kritik an Mendel angeführt in einer reichlich nebulösen Formulierung. Diese Kritik sei „antisemitisch im Sinn eines Angriffes auf einen jüdischen Intellektuellen, der sich kritisch über antisemitische Werke geäußert habe“.
Bei der Veranstaltung am 22.9.2022 sollte ein mir bekannter Palästinenser auftreten, den Mendel kurz vor der Veranstaltung über Kontakte hier in Frankfurt auf den letzten Drücker rekrutierte. Das wertete ich als Indiz dafür, dass der Leiter der Bildungsanstalt in die palästinensische Szene schlecht vernetzt ist. Der Palästinenser wollte dann doch nicht, deswegen der leere Stuhl auf dem Podium.
Nach der Veranstaltung habe ich einen offenen Brief an Mendel geschrieben und dies in einer Frankfurter Online-Zeitung veröffentlicht.[1] Eigentlich hatte ich vor zu klagen, musste aber lernen, dass dies teuer werden kann auch für den Fall, dass ich gewinne. Zuvor habe ich mich um eine gütliche Einigung bemüht.
In einer Mail vom 28.9.2022 schrieb ich an Mendel u.a. es ginge mir um Zweierlei:
„Einerseits, dass sich eine Entgleisung wie am 22.9. nicht wiederholt. Zweitens, dass wir die ohnehin vergiftete Debattenkultur in Frankfurt und darüber hinaus nicht ohne Not zusätzlich beschädigen. Ich bin Ihr Gegner in einem Meinungsstreit aber nicht Ihr Feind. Wenn wir uns beide anstrengen, könnten wir vielleicht zu Partnern werden. Jedenfalls betrachte ich das als eine nicht nur potenzielle, sondern auch wünschenswerte Möglichkeit, wenn wir uns ernsthaft um wechselseitiges Verständnis bemühen.“
Meron Mendel ließ meine Mails unbeantwortet. Er ging trotz klarer Faktenlage offensichtlich davon aus, diesen Fall im Windschatten kommunaler Öffentlichkeit aussitzen zu können.
Dokumentation Frage Suttor / Antwort Mendel
Die Doku ist noch im Netz. Sie dauert 4 Minuten.
Frage Helmut Suttor:
Mein Name ist Helmut Suttor, ich habe eine Frage an die Anne-Frank-Stiftung. Und zwar habe ich die Frage, ob Sie mit der Rolle, als jemand der Vermittlung anbietet, der Dialog anbietet, glaubwürdig sind. Ich möchte es wie folgt begründen. Im Juni 2019 hat Meron Mendel, so wie ich es verstanden habe im Namen der Anne-Frank-Stiftung einen Aufruf unterzeichnet zur Unterstützung der BDS-Bundestagsresolution.[3] Am 20.1.2022, also drei Wochen nachdem in Kassel die Diskussion über die Documenta angeleiert wurde, hat das Bundesverwaltungsgericht die BDS-Beschlüsse insgesamt als verfassungswidrig deklariert, als im Widerspruch zur Meinungsfreiheit stehend. Dialog setzt voraus, dass alle Beteiligten gleichberechtigt daran teilnehmen können. Es gibt bei uns kein Recht auf Meinungsfreiheit erster und zweiter Klasse. Wenn ich das richtig verstanden hab, hat Herr Mendel in diesem Aufsatz über den Amnesty-Report noch einmal betont, dass er den BDS-Beschluss für richtig hält. Das heißt, Sie haben da eine schizophrene Rolle. Sie treten einerseits für Dialog, für Vermittlung ein. Und die Frage ist, ob Sie das leisten können, wenn Sie gleichzeitig dafür eintreten – ich weiß nicht ob Herr Mendel hier für die gesamte Institution spricht – dass ein Teil der Diskussionsteilnehmer eben nicht gleichberechtigt sind, sondern das die an bestimmten Plätzen nicht reden dürfen, nicht reden sollen. Das ist eine schizophrene Haltung. Und das erklärt nach meiner Meinung mindestens zum Teil, warum hier kein Palästinenser sitzt. Die Palästinenser haben das ja schließlich mitgekriegt und für die Palästinenser ist doch klar, dass die Anne-Frank-Stiftung und Meron Mendel keine glaubwürdige Position als Dialogvermittler einnehmen.
Herr Mendel wollte die Frage wohl übergehen. Hätte die Filmemacherin und Autorin Hito Steyerl auf dem Podium Herrn Mendel nicht zu einer Antwort aufgefordert („Es wäre gut, wenn Sie darauf reagieren“), eine Reaktion des Professors wäre vermutlich ausgeblieben. Der Diskussionsleiter René Aguigah, Kulturjournalist und Moderator beim Deutschlandfunk, hatte sich vorübergehend von der Rolle, die ihm zugekommen wäre, verabschiedet.
Antwort Meron Mendel:
Mich würde interessieren von welcher Petition Sie reden. Ich kenne keine Petition. Ich habe noch nie eine Petition dazu geschrieben (ich und andere erklärten auf diese Frage, es gehe um einen Aufruf zur Unterstützung der Bundestagsresolution. Dies ist unverständlich, weil wir kein Mikrofon hatten und auch keines mehr bekamen). Ich habe keine Petition geschrieben. Gut das ist sinnlos die Debatte. Ich habe nie eine Petition geschrieben. Das ist wirklich erstaunlich was für eine Fake-News werden … ich kenne Sie schon, weil Sie öfter … sie gehen mir immer nach, verbreiten Fake News, Verleumdung. Das ist schade. Wir sind sozusagen eine pluralistische Einrichtung. Sie sind herzlich eingeladen zu unserer Veranstaltung obwohl Sie Lügen verbreiten. Sie sind weiterhin eingeladen zu unserer Veranstaltung, Sie können weiterhin ihre Unwahrheiten verbreiten. Das ist ganz in Ordnung und das ist im Sinne der Demokratie.
Danach habe ich und andere mehrfach vergeblich darum gebeten, Gelegenheit zu einer Antwort auf die von Mendel gestellte Frage zu bekommen. Ich denke im Rahmen einer halbwegs professionellen Diskussionsleitung sollte man auch die Möglichkeit habe auf Lügen- und Verleumdungsvorwürfe zu antworten. Einer solchen Diskussionsleitung hätte auch auffallen können, dass Mendel von etwas spricht, wovon in meiner Frage keine Rede war und er dem eigentlichen Kern der Frage ausweicht.
Ich bin sicher: Mendel wusste genau, worauf sich meine Frage bezog. Dies ergibt sich auch daraus, dass er sich – zu meiner Überraschung – an meine Person erinnerte. Die Sache, derentwegen ich mit ihm seinerzeit in Kontakt trat, will er vergessen haben, obwohl ich vier Minuten zuvor, diese korrekt benannte inklusive einer konkreten Zeitangabe.
[1] Zur Frage der Glaubwürdigkeit Meron Mendels als Dialogbetreiber im Anschluss an die Documenta-Debatte; https://www.frankfurter-info.org/news/zur-frage-der-glaubwuerdigkeit-meron-mendels-als-dialogbetreiber-im-anschluss-an-die-documenta-debatte
[2] https://www.bs-anne-frank.de/events/kalender/zum-antisemitismusskandal-auf-der-documenta-fifteen
[3] Zitat: „Wir appellieren daher an die Bundesregierung und alle ihre Ministerien, sich in aller Klarheit den Beschluss des Bundestages zu eigen zu machen, um der BDS-Kampagne keinen Raum zu bieten“, https://fmueller-rosentritt.abgeordnete.fdpbt.de/appell-bundesregierung-bds-ist-form-des-heutigen-antisemitismus